Bunt statt Einheitsgrün – Biodiversität gibt es nicht nur im Regenwald
Ohne die Biodiversität und die Leistungen der Ökosysteme, die wir Menschen vielfältig nutzen, wären die Existenzgrundlage, die Gesundheit und das Wohlergehen aller Völker und Gesellschaften in Gefahr. Die Gestaltung der Außenanlagen kann einen nachweisbar positiven Einfluss auf die Biodiversität am Standort haben. Sie schafft nebenher lebenswerte Umgebungen, die Identität und Zugehörigkeit stiften und die den Folgen des Klimawandels entgegenwirken. Der relative Flächenanteil ist zwar überschaubar, die absoluten Flächen summieren sich jedoch und können größere Wirkung als Verbundbaustein von Biotopen erzielen. Durch die biodiversitätsfördernde Gestaltung wird ein Beitrag zur Einhaltung der europäischen und nationalen Ziele zum Erhalt und der Wiederherstellung der Artenvielfalt geleistet.
Die 5 größten Faktoren für den Verlust von Biodiversität (Quelle: DGNB)
Den Weg und die erforderlichen Maßnahmen für die Ausgestaltung der Freiflächen gibt die Biodiversitätsstrategie vor. Die beauftragten Fachplaner werden zunächst den Standort und die Umgebung untersuchen, um vorhandene Lebensräume und Spezien zu erfassen. Darauf basierend wird ein Konzept erstellt, welche Maßnahmen am Standort sinnvoll sind – einmal hinsichtlich der Wirkung zur Erhaltung und Verbesserung der Biodiversität, also welche Arten passen zum Standort und wie sind geänderte Umweltbedingungen durch den Klimawandel zu berücksichtigen. Andererseits ist auch die Nutzung des Standortes zu berücksichtigen, also beispielsweise Lärm- und Schadstoffemissionen, Gefahrenquellen durch Fahrverkehre, weitere vorzusehende Nutzungen der Außenbereiche wie z.B. Aufenthaltsbereiche aber auch die praktikable Installation und der Pflegeaufwand der biodiversitätsfördernden Maßnahmen. Weiterhin gibt der Sachverständige Hinweise, wie die installierten Lebensraumstrukturtypen zu pflegen und zu warten sind und ob ein Monitoring oder zusätzliche, z.B. jahreszeitenbezogene, Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Erstes Ziel ist die Erhaltung und der Schutz eventuell bereits vorhandener Lebensräume und Arten oder ggf. deren Umsiedelung.
Ein wesentlicher Bestandteil einer biodiversitätsfördernden Gestaltung ist die Auswahl einheimischer, standortgerechter und pflegeleichter, naturnaher Pflanzen. Das reicht von Baumgruppen über Sträucher und Stauden bis zu den bodennahen Ansaaten. Weniger ist hier oft mehr, so entfällt z.B. das regelmäßige Rasenmähen und überhaupt der trittfeste Sportrasen: Blühwiesen und Streuobstbäume bieten Nahrung für Insekten und Vögel und sind von Frühjahr bis Herbst voller Leben. Ein Übermaß an „Pflege“ ist hier gar nicht gewünscht, die Natur soll möglichst störungsarm schalten und walten. Selbstverständlich ist der Verzicht auf Pestizide und Herbizide in der Unterhaltspflege. Bei Verwendung von Holz muss der Holzschutz konstruktiv ausgeführt werden. Bei Pflanzenerde und Substraten sollen biogene Zuschlagstoffe wie z. B. Holzfasern, Rindenkompost, Grüngutkompost oder Reisspelzen verwendet werden.
Übrigens können die vorgenannten Maßnahmen auch auf Dachflächen mit durchschnittlich mind. 12 cm Substratschicht oder durchschnittlich 10 cm Substratschicht bei einer Kombination mit PV umgesetzt werden. Wasserflächen von Versickerungsmulden oder Regenrückhaltebecken können weiche und mit naturnaher Vegetation bewachsene Böschungen und Kanten erhalten und so zu Lebensräumen werden. Totholzhaufen oder stehendes Totholz, Steinmauern und ‑stapel beherbergen Habitate für Kleintiere und Insekten und schaffen ein abwechslungsreiches Bild der Freiflächen. Lärmschutzwälle und technisch erforderliche Böschungen können in die Gestaltung integriert werden, wie z.B. erforderliche Hangbefestigungen. Auch die Gebäudefassade kann in die Maßnahmen integriert werden und Nisthilfen und Insektenhotels aufnehmen. Die Beleuchtung im Außenbereich und am Gebäude sollte blendfrei, insektenfreundlich und nach unten ausgerichtet sein. In der Praxis handelt es sich also häufig um sehr einfache, pflege- und kostenarme Maßnahmen, die sich gut in die Planung der erforderlichen Verkehrsflächen und Nebenanlagen integrieren lassen.
Und was ist mit den Menschen? Aufenthaltsmöglichkeiten im Außenraum bieten Mitarbeitern und Besuchern Möglichkeiten zur Entspannung und zum Stressabbau sowie die Chance für informelle soziale Kontakte und Kommunikation. Sie erhöhen den Wert und die Attraktivität des Standortes. Zu empfehlen sind:
*Orte zum Austausch, die auf gemeinschaftliche Nutzung ausgelegt sind mit sich zugewandten Sitz- und Stehgelegenheiten, Grillstellen oder wetterfester Außenmöblierung für Essenspausen mit Sitzgruppen und Tischen
*Orte zum Nachdenken, die lärm- und sichtgeschützt sowie technisch ausgestattet sind, mit einzelnen kleineren Sitzgelegenheiten inkl. Strom- und / oder Internetzugang etc.
*Orte zur Förderung von Aktivitäten mit Fitness- und Bewegungsgeräten, Spazierweg, Bouleplatz oder Tischtennisplatte
Der Komfort der Aufenthaltsbereiche im Außenbereich ist für die tägliche und saisonale Nutzungsmöglichkeit sowie für deren Attraktivität von großer Bedeutung. Die Bereiche sollen über das ganze Jahr hinweg gute klimatische Bedingungen haben, sprich genug Sonne und Schutz vor kalten Winden und Regen im Winter sowie Sonnenschutz im Sommer. Sonst bleiben die Räume wenig attraktiv und im Tages- bzw. Jahresablauf nur teilweise nutzbar.
Autorin: Doreen Kruschina, Planung+Baumanagement