Logistik: Systemrelevanter Wirtschaftsbereich mit wachsender Bedeutung
Bereits die Corona-Pandemie hat die wichtige Bedeutung von Logistik und funktionierenden Supply-Chains deutlich gemacht. Aktuelle Herausforderungen wie der Konflikt in der Ukraine sowie Warenknappheit verstärken die Wahrnehmung der Logistik durch die Öffentlichkeit. Das ist wichtig, denn der drittgrößte Wirtschaftsbereich in Deutschland hat eine herausragende Bedeutung und ist ein systemrelevanter Versorger – aber leider von der Öffentlichkeit oft unterschätzt. Seit vielen Jahren wächst der Verantwortungsbereich von Logistik. Mit ihrer Planungs- und Steuerungsfunktion und auch mit der zunehmenden Digitalisierung nimmt sie längst viel mehr Aufgaben wahr als Lagerung und Transport.
Nur wenige Menschen, die nicht tagtäglich mit Logistik oder Supply Chains zu tun haben, sind sich der herausragenden Bedeutung der Logistik bewusst. Dabei ist sie mit einem Umsatz von rund 293 Mrd. Euro (2021) und etwa 3,3 Mio. Beschäftigten nach Automobilwirtschaft und Handel der drittgrößte Wirtschaftsbereich Deutschlands und bedeutender Faktor sowohl für die Wirtschaft als auch als Jobmotor und Wachstumstreiber. Nur knapp die Hälfte der logistischen Leistungen, die in Deutschland erbracht werden, besteht in der gemeinhin sichtbaren Bewegung von Gütern durch Dienstleister zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Die andere Hälfte findet in der Planung, Steuerung und Umsetzung innerhalb von Unternehmen statt. Allein 80.000 überwiegend mittelständisch geprägte Unternehmen sind Teil des Logistikdienstleistungssektors, damit arbeiten rund dreimal so viele Menschen in der Logistik wie beispielsweise im Maschinenbau.
Eine moderne Volkswirtschaft ist mit ihrer komplexen Vernetzung sowie hochgradigen Arbeitsteilung auf eine leistungsfähige Logistik angewiesen. Dies gilt insbesondere für den Logistikweltmeister Deutschland (laut Logistics Performance Index (LPI) der Weltbank). In den letzten 20 Jahren haben sich die Umsätze im Wirtschaftsbereich in Deutschland verdoppelt, während beispielsweise die Umsätze im verarbeitenden Gewerbe „lediglich“ um rund 50 Prozent zugenommen haben. Die Logistik hat sich damit als ein wichtiger inländischer Wachstumsfaktor entwickelt und bewährt.
Wirtschaftsbereich mit Systemrelevanz
Gleichzeitig geht die Systemrelevanz des Wirtschaftsbereichs Logistik sogar noch über ihre volkswirtschaftliche Bedeutung hinaus, indem er eine Schlüsselrolle für die Versorgung von Produktion, Handel und Bevölkerung spielt. Denn ohne ihn funktioniert fast nichts. In unserem modernen Wirtschaftsgefüge gibt es wohl keinen Bereich, der nicht von der Bereitstellung von Waren und Informationen abhängig wäre. So wie beispielsweise dafür, dass Supermarktregale gefüllt oder Apotheken und Krankenhäuser Medikamente ausgeben können, aber auch, dass dringend benötigte Ersatzteile geliefert werden für Landwirtschaft, Produktion und Automobilindustrie.
Dabei sind die logistischen Prozesse komplex und müssen entlang der ganzen Supply Chain perfekt aufeinander abgestimmt sein, um Störungen und Unterbrechungen zu vermeiden bzw. zu reduzieren. Gerade während der ersten Corona-Welle in Europa wurde deutlich, wie flexibel Logistikerinnen und Logistiker auf die Herausforderungen reagieren und damit die Supply Chains auch in sehr schwierigen Situationen wie einer Pandemie in den allermeisten Fällen aufrechterhalten können.
Auch die stetige Optimierung eigener Prozesse, deren Integration in die Abläufe in der gesamten Supply Chain, die Digitalisierung und Nutzung moderner Technologien sind elementar. Das gilt z. B. für die Logistik des Lebensmittelhandels. Passende Temperaturführung und schnelle Prozesse zwischen Wareneingang, Kommissionierung und Verteilerverkehr sind hier eine wesentliche Herausforderung, um die Frische der Waren zu gewährleisten. Für die Kunden der Logistikdienstleister kommt es auf zertifizierte Prozesse und deren Skalierbarkeit an.
Bedeutung nimmt weiter zu
Auch in Zukunft wird die Rolle der Logistik für Gesellschaft und Wirtschaft weiter zunehmen. Dies zeigt allein der nach wie vor boomende Onlinehandel. Nach Angaben des Bundesverbands E‑Commerce und Versandhandel e. V. (bevh) stieg der Brutto-Umsatz mit Waren im E‑Commerce im Gesamtjahr 2021 auf 99,1 Mrd. Euro nach 83,3 Mrd. Euro im Jahr 2020, und setzt damit den Wachstumskurs der letzten Jahre fort. Für die Logistik bedeutet dies zum einen steigende Paketvolumina. So wurden laut der KEP-Studie 2021 des Bundesverbands Paket und Expresslogistik (BIEK) im Jahr 2020 mehr als vier Mrd. Sendungen deutschlandweit versendet. Darüber hinaus sind immer mehr zusätzliche Services nötig, um die komplexen Cross- bzw. Omni-Channel-Angebote bearbeiten zu können, bei der verschiedene Verkaufskanäle miteinander kombiniert werden. Hinzu kommen die Angebotsformen einer zeitgebundenen Zustellung wie Same-Day- bzw. Same-Hour-Zustellungen.
Ohne eine gut funktionierende Logistik ist ein erfolgreicher Internethandel nicht möglich. Das betrifft schon allein die Logistikflächen zur Lagerung und Bearbeitung der Waren und Produkte. So rechnete der Immobiliendienstleister CBRE vor, dass der E‑Commerce den Bedarf nach Logistikfläche bis 2025 um zusätzliche vier Mio. Quadratmeter steigen lasse. Hinzukommen aber auch die bereits bestehenden Bestrebungen und Strategien zum Ausbau regionaler Pufferlager zur Aufrechterhaltung der gegenwärtigen wie zukünftigen Produktionssicherheit. Immerhin haben die aktuellen Herausforderungen entlang der Supply Chains wie der Ukraine-Konflikt oder Container-Staus an Überseehäfen dafür gesorgt, Supply Chains noch stärker nach dem Stabilitätsfaktor auszurichten. Der Ausbau einer lokalen Infrastruktur im Rahmen von Nearshoring-Strategien spielt dafür eine wesentliche Rolle, die schon jetzt z. B. bei der Halbleiter- als auch Batterieproduktion deutlich werden. Diese Anforderungen an die Zukunft können ohne Logistik nicht gestemmt werden.
Umso mehr steigt der Bedarf, die wichtige Bedeutung und Funktion der Logistik in die öffentliche Wahrnehmung zu tragen und damit für mehr Anerkennung, Wertschätzung und neue Fachkräfte zu sorgen. Die Initiative „Die Wirtschaftsmacher“ hat sich genau das zum Ziel gesetzt und wirbt in vielen Kampagnen vor allem auf Online-Kanälen für die Vielfalt und Attraktivität des Wirtschaftsbereichs. Damit möchte sie vor allem junge Menschen von der Logistik begeistern als ein systemrelevanter Wirtschaftsbereich mit ständig wachsender Bedeutung.
Mehr Infos unter: www.die-wirtschaftsmacher.de
Autorin: Frauke Heistermann, Sprecherin der Initiative “Die Wirtschaftsmacher”